Viel in der Fotografie ist abhängig vom richtigen Licht. Egal ob natürlich oder künstlich. Bewegen wir uns im Bereich Available Light ist das Ergebnis und die Stimmung eines Fotos sehr stark von der Tageszeit und den Wetterbedingungen abhängig. Eine der spannendsten Zeiten des Tages ist für mich die so genannte "blaue Stunde". Also die Zeit vor Sonnenaufgang bzw. nach Sonnenuntergang, in welcher der Himmel (wie der Name schon sagt) einen blau leuchtenden Zustand einnimmt. Das sorgt für eine ganz besondere Stimmung. Im Bereich der Architekturfotografie hat sie zudem einen weiteren entscheidenden Vorteil. Auf dem Höhepunkt der blauen Stunde entspricht die Lichtintensität des Himmels ungefähr der eines beleuchteten Gebäudes, bzw. allgemein den Lichtern einer Stadt. Das ermöglicht es, sowohl Himmel als auch Gebäude/Lichter mit einer Belichtung optimal einzufangen. Natürlich erzeugt auch die Färbung eine ganz eigene Stimmung und ist damit wesentlich attraktiver als ein langweiliger, tiefschwarzer Nachthimmel. Viele meiner besten Fotos sind genau zu diesem entscheidenden Zeitpunkt entstanden.
Der große Nachteil dabei: die blaue Stunde ist viel zu kurz. Perfekte Bedingungen gibt es vielleicht für ca. 10 Minuten, insgesamt dürfte der Zeitraum ca. 30-40 Minuten betragen. In Verbindung mit Stativ und langen Belichtungszeiten also nicht gerade der Zeitraum in dem man viele unterschiedliche Perspektiven und Standorte ausprobieren kann. Da bleibt einem nur die Wahl bereits vor Sonnenuntergang vor Ort zu sein und den optimalen Standort zu finden.
Als ich im Februar in Paris war, habe ich an zwei Abenden zur blauen Stunde fotografiert. Am ersten Abend habe ich mich allein auf ein Motiv konzentriert und dafür ca. eine Stunde lang am selben Standort verbracht. Am nächsten Abend wollte ich mehr Motive schießen und bin während der blauen Stunde von einem Standort zum nächsten geflitzt und habe jeweils nur 1-2 Aufnahmen gemacht. Man muss sich entscheiden: Möglichst viele unterschiedliche Motive? Oder die perfekte Aufnahme von einem Motiv. Das ist die Einschränkung welche die blaue Stunde mit sich bringt.
Neben dem perfekten Zeitpunkt hängt auch viel von der Wettersituation ab. Grundsätzlich bietet die blaue Stunde aber den Vorteil, dass bei fast jeden Bedingungen eine Blaufärbung auftritt, also auch bei vollständig bedecktem Himmel. Mir persönlich ist ein völlig wolkenfreier Himmel am liebsten. Aber auch die ein oder andere Wolken kann ihren Reiz haben, gerade in Verbindung mit langen Belichtungszeiten. Übrigens: Nicht nur in der Architekturfotografie ist die blaue Stunde ein Garant für spannende Aufnahmen, auch in der Landschaftsfotografie kann sie ihren Reiz haben.
Am Mittwochabend war ich mal wieder während der blauen Stunde fotografieren und habe mich auf dem Heimweg über die kurze Dauer geärgert. Dabei entstand der Grundgedanke für diesen Artikel. Wäre es nicht toll wenn die blaue Stunde zum Beispiel zwei Stunden dauern würde?
Zum Abschluss noch ein kleiner Tipp: Logischerweise befindet sich der "beste" Teil des Himmels während der blauen Stunde Abends immer im Westen. Wer die kurze Zeitspanne optimal ausnutzen will, sollte folgendes beachten. Während der Himmel kurz nach Sonnenuntergang im Westen noch viel zu hell und wenig blau ist, zeigt sich der Himmel im Osten meist schon wesentlich besser geeignet. Zwar ist die Blaufärbung dort wesentlich eintöniger und kontrastloser, aber nicht völlig unbrauchbar. Nachdem man die Zeitspanne ausgenutzt hat und der Himmel im Osten langsam schwarz wird, kann man sich nun ganz auf den Westen konzentrieren, wo jetzt der beste Teil des Abends ansteht.
Join pfnphoto on facebook